Pferdefotografie

Produkte und Dienstleistungen

rund ums Pferd

 
line decor
  
line decor

 

 

Pferde als Landschaftspfleger - Beweidungsprojekt im Mittelrheintal

Im Mittelrheintal zwischen den Ortschaften Kamp-Bornhofen, Kestert und Lykershausen im Rhein-Lahn-Kreis lebt in einem ca. 60 ha großen Gehege seit 2003 eine Herde von derzeit 8 Exmoor-Ponys in sog. "halbwilder Haltung".

» Bilder lassen sich durch anklicken vergrößern - weitere Fotos gibt es auch in den Galerien «

Wichtiger Hinweis: Wer die Exmoor-Ponys vor Ort anschauen möchte, bitte unbedingt den Schluß des Beitrags lesen!

Exmoor-Ponys stammen - wie der Name vermuten läßt - ursprünglich aus dem Exmoor in Südwest-England. Es handelt sich nach neueren Erkenntnissen dabei nicht um ausgewilderte, sondern echte Wildpferde, ähnlich den Wildpferden im Naturschutzgebiet Merfelder Bruch in Dülmen.

Durch die rauhe Umgebung und Witterung ihrer Heimat hat sich eine sehr robuste Pferderasse entwickelt, zu deren Eigenschaften auch Widerstandskraft gegen Kälte und Nässe sowie Trittsicherheit gehören. Für die Haltung, Zucht und Bewahrung dieser Rasse setzt sich in Deutschland die Deutsche Exmoor-Pony-Gesellschaft ein.


In Kamp-Bornhofen verhindern die Ponys zusammen mit etwa 50 Burenziegen die nach der Aufgabe von Wein- und Obstanbau eingetretene Verbuschung der alten Kulturlandschaft. Hier soll langfristig eine halboffene Weidelandschaft entstehen, mit lichten Wäldern, offenen Heiden, Felsbereichen, Halbtrockenrasen, Gebüschen – Lebensraum vieler seltener Tier- und Pflanzenarten. Träger des Projekts "Halboffene Weidelandschaft Kamp-Bornhofen" ist die Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz e. V. (GNOR) mit finanzieller Unterstützung des Landes Rheinland-Pfalz.

Durch das Gehege führt eine kleine Strecke des 2005 eröffneten Rheinsteigs, ein ca. 320 km langer Fernwanderweg entlang der rechten Rheinseite zwischen Bonn und Wiesbaden. Das Gelände ist also für alle Interessieren zugänglich, verlangt aber gutes Schuhwerk und eine gewisse Ausdauer.
In unmittelbarer Nähe befinden sich die beiden Burgen Liebenstein und Sterrenberg, vielleicht besser bekannt als die "feindlichen Brüder".
 
Von den Burgen lassen sich die Burenziegen, die im Gegensatz zu den Ponys mehr das felsige Gelände in den steilen Rheinhängen bevölkern, oft bei ihren Ruhepausen beobachten.
 
Am höchsten Teil des Geheges beträgt die Höhe über NN (Normalnull) etwa 350 m, die tiefsten Bereiche liegen nur wenig über dem Höhenniveau des Rheins bei etwa 80 m über NN. Auch wenn die Burenziegen die Kletterspezialisten in diesem "Weideteam" sind, bewegen sich auch einige Ponys schon mal in den tiefergelegenen Regionen - ein weiterer Hinweis auf deren Geländesicherheit.

Ich möchte das Weideprojekt einmal nicht so sehr unter dem ökologischen Aspekt betrachten, sondern aus Sicht des Reiters und Pferdefreundes berichten.

 

Außergewöhnlich zumindest für deutsche Verhältnisse ist das weitgehend unberührte Leben der Exmoor-Ponys in ihrem kleinen Herdenverband.
Zwar wird in den kalten Wintermonaten und ggf. auch in Trockenperioden Heu zugefüttert, darüber hinaus bleiben die Tiere - abgesehen von gelegentlichen Kontrollen durch Tierarzt oder Hufschmied - weitgehend vom Menschen unbehelligt.
Einziges Bauwerk neben der Einzäunung und einigen Futtertrögen ist ein Fangstand für die Kontrolle und ggf. Behandlung der Vierbeiner, als Wasserquelle dient der durch den rückwärtigen Talgrund verlaufende Gutenbach.
Die Fohlen kommen ohne menschliche Begleitung unter freiem Himmel zur Welt, ein Hengst und ein oder zwei Junghengste leben ständig bei der Herde.

Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen - auch wenn die Lebensumstände der Ponys an sehr kalten oder warmen Tagen vielleicht entbehrungsreich erscheinen, bin ich überzeugt, daß jedes Pferd aus Boxenhaltung sie beneiden würde.

 

Gutenbach

 

Burenziegen unterhalb Burg Liebenstein

 

Zwei Fohlen wurden im April 2012 geboren.

 

Da der Anteil an offenen Grasflächen sehr gering ist, sind die Ponys zur Nahrungsaufnahme überwiegend unter hohen Bäumen oder im Strauchwerk unterwegs. Auch die Fohlen suchen bereits intensiv den Waldboden ab und entfernen sich bereits nach 4 Monaten schon mal 100 m von ihren Müttern.
Während die Ponyherde in den Ruhephasen meist eng zusammen unter Bäumen steht, zerstreuen sich die Tiere während der Nahrungssuche auf einer kleinen Fläche oder sind in kleineren Gruppen unterwegs. Geraten sie dabei aus der gegenseitigen Sicht, ist aber schnell ein dezentes Wiehern zu hören, das von anderen Tieren sofort beantwortet wird.

 

Die beiden Fohlen im September 2012 - Alter etwa 5 Monate.

 

Inspektion der Fohlen am 18. Oktober 2012. Die Mutterstuten warten mit den älteren Ponys außerhalb des Gatters.

Jährlich erfolgt die Fohleninspektion durch einen erfahrenen Richter der Exmoor Pony Society, der zu diesem Zweck aus England anreist. Unterstützt wird dieser bei der Reise durch Mitglieder der deutschen Exmoor-Pony Gesellschaft. Die Fohlen werden vorher in einem Gatter eingefangen, damit die Begutachtung überhaupt möglich ist.

Untersuchnungsfelder bei der Inspektion sind u. a. die Stellung der Zähne und Beine, Hufe und Fellstruktur (die korrekte Fellwirbelung sorgt dafür, daß Regenwasser von den wichtigsten Körperpartien abgeleitet wird). Auch dürfen die Tiere für die Anerkennung keine weißen Abzeichen (Haare) oder helles Hufhorn aufweisen.

Zum Abschluß erhalten die Tiere einen Identifikationschip, bei erfolgreicher Anerkennung auch ein Brandzeichen auf der linken Körperseite. Eine Eintragung ins Stutbuch der englischen Exmoor Pony Society ist allerdings nur möglich, wenn bereits die Elterntiere dort registriert sind. Nachkommen der dort nicht registrierten Exmoor-Ponys können nach erfolgreicher Inspektion aber einen Abstammungsnachweis und einen Identifikationsbrand am rechten Hinterschenkel erhalten.


Schenkelbrand - ja oder nein?

Da das Thema Schenkelbrand immer wieder zu teilweise sehr kontroversen Diskussionen führt, habe ich überlegt, ob ich solche Bilder hier veröffentlichen soll. Auch wäre es einfach, sich auf die Beobachterrolle zurückzuziehen oder die Fotos unkommentiert zu lassen.

Ich sehe aber zumindest bei den weitgehend freilebenden Exmoor-Ponys ein wichtiges Argument für den Schenkelbrand - damit lassen sich die Tiere zumindest über eine ganze Reihe von Jahren auch aus der Entfernung identifizieren. Da die meisten Tiere keinen Menschen mit einem Chiplesegerät unmittelbar an sich heranlassen, wäre für jedes Auslesen das Einfangen der Ponys, im Regelfall der gesamten Herde notwendig. Dieser Streß wird den Tieren durch den Schenkelbrand erspart.

Auch ist mein Eindruck während der Inspektion, daß die Ponys durch den Schenkelbrand nicht sonderlich aufgeregt werden, das vorherige Einfangen oder die Untersuchung scheint mehr Aufregung zu verursachen.

 

Winterstimmung im Weideprojekt.

Die Ponys halten sich jetzt überwiegend am Futterplatz auf.

Zum Anfang des Jahres 2013 hat es große Veränderungen gegeben, die auch für mich überraschend waren.

Das Projekt wird nicht mehr von der GNOR, sondern von einem professionellen Ziegenzüchter betreut.
Der Ziegenbestand soll auf 100 Tiere steigen.
Zukünftig werden nur noch 3 Exmoor-Ponys vom März bis September auf dem Gelände anzutreffen sein.

Man muß dazu wissen, daß das Exmoorpony zumindest zu den seltenen, wahrscheinlich auch gefährdeten Pferderassen zählt. Der britische Verband zur Bewahrung seltener Rassen (RBST - Rare Breeds Survival Trust) hat das Exmoorpony unter Gefährdungsstufe 2 (endangered) eingestuft. Die Literatur nennt für weltweiten Bestand Zahlen zwischen 800 und 2800 Tieren. Nach den aktuellsten Zahlen der Exmoor Pony Society, die mir dankenswerterweise der Zoo Hannover im März 2013 mitgeteilt hat, existiert ein Bestand von 4000 Ponys.

Ich finde es deshalb sehr bedauerlich, daß der Bestand der Exmoorponys in der Halboffenen Weidelandschaft Kamp-Bornhofen so drastisch reduziert wurde. Da sich die Ponys nicht mehr ganzjährig auf der Fläche aufhalten, wird vermutlich auch der Nahrungskreislauf für die Kleinlebewesen unterbrochen, für die der Pferdedung Existenzgrundlage war.

Hoffentlich hat man das bei diesem Naturschutzprojekt bedacht.

Für mich war es sehr spannend, die sozialen Strukturen und Interaktionen innerhalb der Exmoor-Herde zu beobachten. Eine Gelegenheit, die heute nur noch sehr selten gegeben ist. Leider kann man bei 3 Tieren kaum noch von einer Herde sprechen und so haben meine Fotos wohl schon jetzt "Erinnerungswert".

Die restlichen Pferde sind erst einmal in die Halboffene Weidelandschaft Bischofshub bei Oberdiebach umgezogen.
Ich werde sicherlich demnächst einmal von dort berichten und vielleicht dafür einen Bereich auf meiner HP einrichten.

 

Nachtrag im April 2014:

Inzwischen sind in Kamp-Bornhofen wohl leider keine Exmoor-Ponys mehr anzutreffen.

Glücklicherweise haben die überzähligen Ponys eine neue Heimat in der sein 2010 bestehenden halboffenen Weidelandschaft Bischofshub bei Oberdiebach gefunden. Wie versprochen gibt es von dort nun erste Bilder und damit ein Wiedersehen mit den Akteuren vom Weideprojekt bei Kamp-Bornhofen.

Bitte auf der Auswahl links oben den Reiter zum Weideprojekt Oberdiebach anklicken.